St. Franziskus: Rentner rettet alte Bücher
Bernd Hochstatter (79) vom Kirchort St. Franziskus (Gemeinde Heilig Geist) in Hannover-Vahrenheide bewahrt seit dem Jahr 2004 Bücher vor dem Altpapier-Container.
Bernd Hochstatter (79) vom Kirchort St. Franziskus (Gemeinde Heilig Geist) in Hannover-Vahrenheide bewahrt seit dem Jahr 2004 Bücher vor dem Altpapier-Container. Er verkauft sie. Das Geld kommt dem Förderverein des Kirchortes zugute.
Morgens in einem Mehrfamilienhaus in Hannover-Vahrenheide: Es trappelt treppauf und treppab. Kisten, Kartons, Möbel werden nach unten geschleppt. Die frühere Seelsorgehelferin Barbara Dirbach (79) verlässt ihre Wohnung und zieht in ein Seniorenheim nach Neu-Ulm. Dort wohnt auch eine Schwester und ein Bruder der alten Dame. Sie und auch noch eine Schwester, die in Italien lebt, sind nach Hannover gekommen, um beim Ausräumen der Wohnung zu helfen. Fast nichts davon kann sie nach Neu-Ulm mitnehmen. Einige Gegenstände hat Barbara Dirbach an Bekannte verschenken können, einiges übernehmen soziale Kaufhäuser, doch vieles endet als Sperrmüll.
Besonders schwer fällt es Barbara Dirbach, sich von ihren Büchern zu trennen. „Ich bin von Kindesbeinen eine Leseratte“, sagt sie. Reisen und Lesen seien ihre großen Hobbys gewesen. Mit dem Reisen klappe das nicht mehr, „denn die Gesundheit spielt nicht mehr mit“. Aber die Augen funktionierten noch, und auch vor dem Lesen dicker Wälzer scheue sie nicht zurück. Gegenwärtig liest sie den „Palast der Winde“. Den „Palast der Winde“ und noch ein paar weitere Bücher kann Barbara Dirbach mitnehmen. Doch das meiste bleibt zurück.
Das meiste liegt in vier Kunststoff-Klappkisten und vier großen Supermarkt-Tragetaschen. Empfänger ist Bernd Hochstatter (79). Seit dem Jahr 2004 leitet er den Büchershop des Kirchortes St. Franziskus. Der hat an jedem zweiten Sonntag des Monats geöffnet. Was dort nicht verkauft wird, bietet Bernd Hochstatter seit zehn Jahren über digitale Marktplätze an, zum Beispiel amazon oder booklooker. Bernd Hochstatters Erfahrung ist: „Am besten nachgefragt sind Sachbücher, egal ob es sich um Religion, Politik, Gesundheit oder Geschichte handelt. An zweiter Stelle steht Belletristik, an dritter Stelle Kinder- und Jugendbücher.“ Schlecht nachgefragt seien Bildbände.
Die Idee mit dem Büchershop kam im Herbst des Jahres 2004 auf, als nach dem Missionsbasar am Christkönigsfest von den dort angebotenen Second-Hand-Büchern noch so viele übrig waren. Der Büchershop hat immer einen Bestand zwischen 6000 und 6500 zur Auswahl. Was sich dann als Ladenhüter erweist, wird sozialen Kaufhäusern angeboten oder landet in gläsernen Schaukästen, aus denen man sich kostenfrei bedienen kann.
Wie hoch die Einnahmen aus dem Gebrauchtbuchhandel seien, will Bernd Hochstatter nicht verraten. Doch alles gehe an den Förderverein St. Franziskus. Barbara Dirbach, die dem Förderverein fast ihren gesamten Buchbestand übergeben hat, sagt: „Ich bin froh, dass das, was ich hier lassen muss, nicht einfach in einer Altpapiermühle landet, sondern anderen Menschen noch Freude bringt und meinem alten Kirchort nutzt.“
Tillo Nestmann