Heilig Geist - Geschichtliche Entwicklung
Aufbruchstimmung herrschte Anfang der 1960er Jahre nicht nur in der katholischen Weltkirche, sondern auch unter den Katholiken in der Stadt Hannover, ganz besonders in der Kirchengemeinde Heilig Geist in Bothfeld. Die geschichtsträchtigen Ereignisse in Rom gingen Hand in Hand mit intensivem Bauschaffen in Bothfeld, wo in den Jahren 1962/63 die neue Kirche „Heilig Geist“ errichtet wurde. Die Grundsteinlegung für die neue Kirche erfolgte am 19. August 1962, als die Katholiken der niedersächsischen Landeshauptstadt sich rüsteten, den Deutschen Katholikentag des Jahres 1962 auszurichten, der vom 22. bis 26. August auf dem Messegelände stattfinden würde. 15 Monate später war die Weihe der soeben fertiggestellten neuen Kirche in Bothfeld am 7. Dezember 1963 die erste bedeutsame Amtshandlung Bischof Heinrich Marias nach seiner Rückkehr aus Rom, wo am Tag der Bothfelder Kirchweihe auch das für die Zukunft der katholischen Kirche wegweisende Zweite Vatikanische Konzil zum Abschluss gebracht wurde.
Unsere Pfarrkirche, deren 60-jähriges Weihejubiläum wir im Jahr 2023 feiern durften, ist das dritte Gotteshaus in Bothfeld, in welchem nach römisch-katholischem Ritus die Heilige Messe gefeiert wird.
Bereits im Jahr 1288 ist erstmals die St. Nicolai-Kirche in Bothfeld erwähnt, die zunächst zum Kirchspiel - wie die alte Bezeichnung für eine Pfarrgemeinde lautet - von St. Jacobi in Kirchrode gehörte. Durch eine Schenkung der Grafen von Hallermund an die St. Jacobi-Kirche wurde die Bothfelder St. Nicolai-Kirche am 17. März 1295 von allen Verpflichtungen gegenüber ihrer Mutterkirche mit Ausnahme des Beitrags zu den Baulasten der geistlichen Gebäude in Kirchrode befreit. Im Jahr 1359 konnte man auch diese letzte Verpflichtung ablösen. Mit der Einführung der Reformation im Fürstentum Calenberg durch die Herzogin Elisabeth von Braunschweig-Lüneburg in den Jahren 1542/43 sollte die St. Nicolai-Kirche lutherisch werden; das katholische Leben in Bothfeld erlosch für mehr als 300 Jahre.
Erst Mitte der 1860er Jahre lassen sich wieder einige wenige Menschen katholischen Glaubens in Bothfeld feststellen. Bis zum Anfang des 20. Jahrhunderts gehörte Bothfeld zum Pfarrsprengel von St. Clemens. Bei der Einteilung des Stadtgebiets und der Vororte in drei neue Pfarrgemeinden im Jahr 1906 wurde Bothfeld dem Sprengel von St. Marien zugewiesen. Schon wenige Jahre später erfolgte 1913 die Erhebung der im Jahr zuvor errichteten Kirche St. Joseph in der List zur Pfarrkirche, deren Sprengel Bothfeld zugewiesen wurde. Im Pfarrverbund von St. Joseph sollte Bothfeld bis zum Jahr 1956 verbleiben. Unterhalb der Pfarrorganisation entstanden in Hannover seit dem ausgehenden 19. Jahrhundert kleinere Seelsorgeeinheiten.
Die kirchliche Zugehörigkeit von Bothfeld wechselte hier sehr häufig (ab 1890 St. Marien, ab 1895 St. Elisabeth, ab 1906 wieder St. Marien, ab 1912 St. Joseph, ab 1936 St. Bruder Konrad).
In den zwei Jahrzehnten zwischen dem Ende des Ersten Weltkriegs und dem Beginn des Zweiten Weltkrieg entstanden außerhalb des alten Dorfes Bothfeld, vor allem im nördlichen Bereich der Bothfelder Feldmark, zahlreiche Siedlungen. Die Auswertung der Kirchenbücher von St. Bruder Konrad für die Zeit von 1936 bis 1940 ergab, dass zu den Siedlern, die sich hier ein kleines Eigenheim schufen, ca. 80 katholische Familien zählten. Durch die Folgen des Zweiten Weltkriegs, vor allem durch Zuzug zahlreicher Flüchtlinge und Heimatvertriebener, stieg die Zahl der Katholiken in Bothfeld, Klein-Buchholz und Lahe dann deutlich an, zunächst bis Ende 1946 auf 848, dann bis 1950 auf 2.021.
Vor dem Hintergrund dieser demografischen Entwicklung ist das Ereignis zu sehen, das den Auftakt zur Entstehung der Pfarrgemeinde Heilig Geist bilden sollte: Am 6. April (Ostersonntag) 1947 feierte Dr. Carl Morotini, der von 1943 bis 1946 als Pastor von St. Bruder Konrad der für die Bothfelder Katholiken zuständige Seelsorger gewesen war, mit 27 Teilnehmern in der Volksschule am Grimsehlweg die erste Heilige Messe in Bothfeld seit der Einführung der Reformation 400 Jahre zuvor.
Die regelmäßigen Sonntagsgottesdienste in der Schulbaracke erfreuten sich steigender Beliebtheit, so dass der hier zur Verfügung stehende Raum verhältnismäßig schnell zu klein für die wachsende Gottesdienstgemeinde wurde. So wich man ab September 1950 auf den Saal des Gasthauses Stöckmann in der Sutelstraße 31 aus. Die Räumlichkeiten hier waren größer, hatten allerdings den Nachteil, dass bei Festlichkeiten am Abend zuvor der Saal für die Messe am Sonntagmorgen erst hergerichtet werden musste.
Bereits seit Ende 1949 verhandelte der Gesamtverband der katholischen Gemeinden Hannovers mit der Stadtverwaltung über einen geeigneten Bauplatz für eine katholische Kirche in Bothfeld. Ende des Jahres 1951 konnte man sich auf das Eckgrundstück Burgwedeler Straße/Kurze-Kamp-Straße als Standort einigen. Am 2. Mai 1952 begann der Kirchbau mit der Fundamentierung; bereits am 14. September des Jahres erfolgte die Weihe der neuen Kirche zu Ehren des Heiligen Geistes durch Bischof Joseph Godehard von Hildesheim. Dabei wurde die Kirche im Wesentlichen in Eigenarbeit von den Gemeindemitgliedern errichtet, die nach Feierabend auf der Baustelle zusammenkamen, die Fundamente legten, die Mauern hochzogen, das Dach deckten usw. Die Diözese stellte für den Kirchbau die Summe von 20.000 DM zur Verfügung; das Baumaterial wurde überwiegend durch Spenden finanziert.
Bau der ersten Heilig Geist Kirche
Nach Morotinis Vorstellungen sollten auch Altwarmbüchen und der unmittelbar an die damalige Stadtgrenze von Hannover anschließende Süden von Isernhagen NB zum neuen Seelsorgebezirk Heilig Geist gehören; am 16. Januar 1953 jedoch entschied das Bischöfliche Generalvikariat in Hildesheim, dem neuen Seelsorgebezirk außerhalb des Stadtgebiets nur Altwarmbüchen zuzuweisen. Isernhagen NB-Süd sollte erst 1971 im Vorfeld der Kommunalreform Teil der Heilig-Geist-Gemeinde werden.
Am 7. Januar 1954 erhob Bischof Joseph Godehard die Seelsorgestation Heilig Geist in Bothfeld zur Pfarrvikarie. Morotini schwebte eine enge institutionelle Anbindung des neuen Seelsorgebezirks an das von ihm geleitete Niels-Stensen-Kolleg vor. Dies jedoch gestand das Bistum nur vorübergehend zu. Die neue Gemeinde sollte kein Provisorium bleiben, und deshalb ernannte Bischof Joseph Godehard schon zum 1. April 1955 den bislang in Duderstadt-Gerblingerode tätigen Kaplan Georg Buchta zum Pfarrvikar von Heilig-Geist. Bereits zum 1. April 1956 wurde die bisherige Pfarrvikarie zur Kuratiegemeinde erhoben. Buchta sollte das Amt des Pastors bzw. Pfarrers in Bothfeld bis zum 30. September 1987 ausüben.
Die Kirche an der Burgwedeler Straße war rasch zu klein für die stetig wachsende Gemeinde geworden. Die Kapazitäten des Gotteshauses stießen vor allem an ihre Grenzen, als die Kirche nach Belegung der Bothfelder Kasernen durch Einheiten der Bundeswehr ab 1956 auch als Garnisonkirche für die katholischen Soldaten dienen sollte. Wurden zunächst Pläne zur Erweiterung der Kirche diskutiert, so entschieden sich die Verantwortlichen auf Grund der räumlichen Gegebenheiten für den Bau einer ganz neuen Kirche und eines Gemeindezentrums auf einem Grundstück an der Kurze-Kamp-Straße, welches die Stadt Hannover im Tausch gegen das bisherige Kirchengrundstück angeboten hatte.
Am 19. August 1962 erfolgte die Grundsteinlegung, am 7. Dezember 1963 weihte Bischof Heinrich Maria die neue Kirche und erhob gleichzeitig die Gemeinde zur Pfarrei. Das neue Gotteshaus zeichnet sich vor allem durch eine äußerst qualitätsvolle Innenausstattung aus. Imposant ist die von dem Aachener Glaskünstler Ludwig Schaffrath geschaffene Glasfensterfront der Ostseite der Kirche, deren Zauber sich der Kirchenbesucher besonders an sonnigen Vormittagen kaum entziehen kann. Unter den hochwertigen Metallarbeiten des Kölner Goldschmieds Hein Wimmer ragt besonders das große Hängekreuz über dem Altar heraus. Altar, Taufbecken, Tabernakelsockel usw. sind von dem Bildhauer Heinrich Mensing aus Hannover aus Anröchter Dolomit hergestellt worden. Auch die gottesdienstlichen Geräte der Kirche sind kunst- und kirchengeschichtlich nicht ohne Belang.
Nachdem 1971 die zunächst angebrachte Leihorgel durch ein qualitätsvolles Instrument ersetzt wurde, erfuhr das Kircheninnere im Rahmen einer grundlegenden Renovierung im Jahr 1975 eine Umgestaltung gemäß der liturgischen Vorgaben des Zweiten Vatikanischen Konzils. Auf Pfarrer Buchta folgte am 15. Oktober 1987 Pfarrer Dr. Reinold Bellwon, der die Geschicke der Gemeinde bis zum 31. Januar 2009 leitete. Nachfolger Dr. Bellwons wurde zum 31. Mai 2009 Pfarrer Christoph Lindner. Zum 1. September 2010 wurde die neue Pfarrgemeinde Heilig Geist durch Fusion der bisherigen Gemeinden Heilig Geist, St. Franziskus (Vahrenheide), St. Bruder Konrad (List) und Heilig Kreuz (Altwarmbüchen) errichtet.
Ausführlich wird die Geschichte der katholischen Kirche in Bothfeld von den Anfängen im letzten Viertel des 13. Jahrhunderts bis zur Bildung der neuen Großgemeinde Heilig-Geist im Jahr 2010 in einer von Fachleuten bearbeiteten Festschrift dargestellt, die zum Jubiläum der neuen Kirche Heilig Geist Ende November 2013 erscheinen ist.
Dr. Christian Hoffmann